Repetitive Transkranielle Magnetstimulation (rTMS)
Bei der Transkraniellen Magnetstimulation werden mittels einer über dem Kopf gehaltenen Magnetspule repetitive magnetische Impulse erzeugt. Diese stimulieren dann die Aktivität der sich direkt darunter befindenden Hirnrindenareale. Da der therapeutische Effekt aber in erster Linie über die Induktion plastischer Prozesse zustande kommt, muss die Stimulation z.B. bei Depressionen während vier oder mehr Wochen täglich in der Praxis durchgeführt werden.
Die repetitive Transkranielle Magnetstimulation bieten wir zur Behandlung folgender Erkrankungen an:
Zwangsstörungen
Depressionen
Halluzinationen
Alzheimer-Demenz
Long COVID & CFS
Nervenschmerzen
Wie funktioniert die rTMS?
Die physikalische Grundlage, um die Funktionsweise der transkraniellen Magnetstimulation zu verstehen, ist das Gesetz der elektromagnetischen Induktion (auch Faradaysche Induktion genannt). Dieses besagt, dass in einem Leiter ein elektrischer Strom induziert wird, wenn sich der magnetische Fluss ändert. Dieser wiederum ändert sich dann, wenn sich der elektrische Strom in der das Magnetfeld generierenden Magnetspule ändert.
Technisch umgesetzt wird dies dadurch, dass mit Hilfe eines sogenannten Thyistorschalters der Strom in einer Magnetspule schnell an- und abgeschaltet wird. Dieser sich in der Zeit ändernde elektrische Strom induziert ein sich ebenfalls ändernder Magnetfluss und dieser dann wiederum einen elektrischen Strom im “Leiter” Gehirn:
Bei Patienten mit Depressionen finden z.B. sich in verschiedenen Hirnregionen Unter- aber auch Überaktivierungen. Der linke Präfrontalkortex (PFC) - wichtig für positive Ziele, aufsuchendes Verhalten, positive Ziele - ist bei Depressionen unteraktiviert. Umgekehrt findet sich häufig eine Überaktivierung des rechten Präfrontalkortex, begleitet von Angst und Vermeidung.
Die rTMS erlaubt über eine Stimulierung des linken dorsalteralen Präfrontalkortex eine direkte Einflussnahme auf das Ungleichgewicht von Über- und Unteraktivierung. Durch die Stimulierung des Stirnhirns der linken Seite profitieren die dort lokalisierten Funktionen des Denkens, die im Rahmen der Depression oft reduziert sind (Konzentration, Gedächtnis, Handlungsplanung, Offenheit für neue Umweltstimuli). Insbesondere findet die Verarbeitung von positiven Emotionen in der linken Hirnhälfte statt. Es kommt hier zu einer Normalisierung des regionalen Erregbarkeits- oder Aktivitätsniveaus durch Induktion neuroplastischer Veränderungen.
Seit wann kommt die rTMS zum Einsatz?
Versuche, elektrischen Strom und Magnetfelder therapeutisch zu nutzen reichen bis in die Antike zurück. Erst in den letzten 30 Jahren machten jedoch universitäre Forschung und technische Fortschritte die Entwicklung der repetitiven Transkraniellen Magnetstimulation (rTMS) als einfach anzuwendende Therapie-Methode möglich.
Barker hat im Jahr 1985 als erster mit Hilfe einer magnetischen Stimulation des motorischen Kortex des Menschen eine Bewegung des Daumens der Gegenseite auslösen können: transkranielle Magnetstimulation (TMS). Mit der Entwicklung von Geräten, die repetitive Impulse auszulösen vermögen, konnte Pascual-Leone 1996 den ersten Beweis erbringen, dass eine repetitive Stimulation des linken Stirnlappens eine antidepressive Wirkung hat.
Wie sind die Resultate der Behandlung mit rTMS?
Bei den genannten Erkrankungen ist die Wirkung wissenschaftlich bewiesen. Bei den therapieresistenten Depressionen z.B. werden 30% der Patientinnen und Patienten gesund, bei weiteren 35% wird das Befinden viel besser. Bei Zwangsstörungen konnte 4 Wochen nach Abschluss der Behandlung eine Symptomreduktion von 45% nachgewiesen werden (im Gegensatz zur Placebo-Stimulation, welche nur zu einer Reduktion von 18% geführt hatte).
Welche Nebenwirkungen können bei der rTMS auftreten?
Nebenwirkungen, die auftreten können: lokales Zwicken der Kopfhaut, leichte Kopfschmerzen in 10-20%, welche bei Bedarf mit Paracetamol behandelt werden, unspezifisches Unwohlsein und Benommenheit, weshalb erst 15 Minuten nach der Stimulation Auto gefahren werden sollte, sehr selten, d.h. in 1 von 10’000 Fällen, Krampfanfälle.
Wann kann die rTMS nicht angewendet werden?
In diesen Situationen kann die Behandlung nicht durchgeführt werden: implantierte intrakranielle Elektroden, Cochlea-Implantat, früher erfolgte Operation am Gehirn, ventrikulo-peritonealer Shunt, Epilepsie, Herzschrittmacher oder Defibrillator, Schwangerschaft.
Werden die Kosten von den Krankenkassen übernommen?
Die Kosten der Behandlungen mit repetitiver Transkranieller Magnetstimulation (rTMS) werden von der Grundversicherung nicht übernommen. Sie können jedoch abklären, ob sich Ihre Zusatzversicherung (z.B. für innovative Behandlungen) teilweise an den Kosten beteiligt.
Bei Fragen zu unseren Leistungen und Preisen können Sie uns gerne anrufen oder schreiben Sie uns eine Mail.
Literatur
Barker, AT et al. Magnetic stimulation of the human brain and peripheral nervous system: an introduction and the results of an initial clinical evaluation. Neurosurgery 1987 Jan; 20 (1): 100-9.
Pascual-Leone, A et al. Lateralized effect of rapid-rate transcranial magnetic stimulation of the prefrontal cortex on mood. Neurology 1996 Feb; 46 (2): 499-502.
Hoffmann, ER et al. Transcranial magnetic stimulation of left temporoparietal cortex and medication-resistant auditory hallucinations. Arch Gen Psychiatry 2003 Jan;60(1):49-56.
Rossi, S et al. Safety, ethical considerations, and application guidelines for the use of transcranial magnetic stimulation in clinical practice and research. Clin Neurophysiol 2009 Dec;120(12):2008-2039.
Slotema, CW et al. Review of the Efficacy of Transcranial Magnetic Stimulation for Auditory Verbal Hallucinations. Biol. Psychiatry 2014 Jul 15;76(2):101-10.
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Carmi, L et al. Efficacy and Safety of Deep Transcranial Magnetic Stimulation for Obsessive-Compulsive Disorder: A Prospective Multicenter Randomized Double-Blind Placebo-Controlled Trial. Am J Psychiatry. 1. November 2019;176(11):931–8.